Was das Nashorn sah
Als es auf die andere Seite des Zauns schaute
Theaterstück von Jens Raschke
Bär oder Pavian?
Papa Pavian und seine Familie, Herr und Frau Mufflon, das junge Murmeltiermädchen und einige andere tierische Mitbewohner führen ein beschauliches Leben im Zoo: Die Gestiefelten aus den schönen Häusern gleich nebenan haben ein Herz für die Tiere und versorgen sie gut. Gegenüber vom Zoo gibt es weniger schöne Häuser mit einem summenden Zaun drumrum, aber was dort auf der anderen Seite passiert, kümmert die meisten Tiere nicht. Hübsch, kuschelig und familiär ist es bei ihnen – und so soll es bleiben. Nur das Nashorn ist eines Tages tot und der Neue, ein junger Bär aus Sibirien, will wissen, was hier vor sich geht: Wer sind die Gestreiften, die von den Gestiefelten getreten und herumkommandiert werden? Wieso singt im Wald nicht ein Vogel? Und was ist das für ein beißender Gestank, der mitten im Frühling aus dem rauchenden Schornstein kommt? – Einige Tiere werden unruhig, doch für Papa Pavian sind das schon viel zu viele Fragen. Den Bären aber lässt nicht los, was er sieht und er entschließt sich zu handeln.
1938 wurde direkt neben dem Konzentrationslager Buchenwald ein Zoologischer Garten eröffnet. Neben einigen Bildquellen und anderen Zeitdokumenten ist die Geschichte des Zoos nur wenig erforscht, erst 1994 wurden Teile des Geländes wieder freigelegt und zugänglich gemacht. Der Autor Jens Raschke nimmt die reale Historie des Ortes als Grundlage für eine zeitlose und eindrückliche Parabel über Anpassung, Mut, Unrecht und Unmenschlichkeit. Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute – unter anderem 2014 mit dem Deutschen Kindertheaterpreis ausgezeichnet – fragt nach unserem Entscheidungsspielraum, sendet eine klare Botschaft für Freiheit und Zivilcourage und schafft zugleich einen ersten Zugang für die Auseinandersetzung mit dem Holocaust und den Verbrechen der NS-Zeit.