Wieso ist die Nase blau?
Tanzabend von Katarzyna Kozielska zu Leben und Werk des expressionistischen Malers Karl Schmidt-Rottluff
URAUFFÜHRUNG
… Aber von mir weiß ich, daß ich kein Programm habe, nur die unerklärliche Sehnsucht, das zu fassen, was ich sehe und fühle, und dafür den reinsten Ausdruck zu finden. Im stillen und ganz privaten bin ich sogar der Meinung, daß sich über Kunst überhaupt nichts „sagen läßt“. (Karl Schmidt-Rottluff)
Juni 1905: Vier junge Architekturstudenten aus Dresden wollen malen, spontan, impulsiv, ohne Rücksicht auf akademische Regeln und Gesetze und schon gar nicht auf den guten Geschmack! Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl gründen eine Künstlergruppe, nennen sie Die Brücke und legen damit das Fundament für den deutschen Expressionismus, mit dem die moderne Kunst in Deutschland Einzug halten wird. Gleichzeitig war es der Beginn einer tiefgreifenden Befreiung der Gesellschaft von alten Herrschaftsmodellen und die Etablierung einer Reformbewegung, die beispielsweise die Gartenstädte hervorbrachte. Anhand eines freien Umgangs mit Farbe und Form, entfaltete sich nun ein Raum für die Darstellung psychisch intensiver Bilder- und Körperwelten, welche gleichzeitig die Katastrophen und Verzerrungen des 20. Jahrhunderts ausdrücken. Ein zentrales Thema wird die Betrachtung menschlicher Bewegung und damit vor allem der Tanz. Inspiriert vom Leben und Werk des Chemnitzer Malers Karl Schmidt-Rottluff und dessen Frau und Muse Emy Frisch taucht die Choreografin Katarzyna Kozielska in ihrem Tanzstück Wieso ist die Nase blau? in die Welt der kräftigen, reinen Farben und einfachen Formen der Portraits und Landschaften ein. Nicht die äußere Wirklichkeit, sondern was den Künstler zum Schaffen drängt, hieß das Postulat und fand ihre Förderinnnen und Förderer unter anderem in Dr. Rosa Schapire, Victor und Hedda Peters, Hanna Becker von Rath und Erika von Hornstein.
Die aus Polen stammende Tänzerin Katarzyna Kozielska, seit der Spielzeit 2000/2001 Mitglied des Stuttgarter Balletts, ist seit 2011 auch als Choreografin erfolgreich. Für das Ballett Chemnitz schuf sie 2018 Unleash für den dreiteiligen Ballettabend Nordlicht, der große Aufmerksamkeit erregte und mit einem Gastspiel in Schweden auch das dortige Publikum beeindruckte. In ihrem neuen Tanzstück entwickelte Kozielska eine mitreißende choreografische Atmosphäre, die sich inspirieren ließ von der malerischen Welt von Karl Schmidt-Rottluff.
Stimmen
Ulrike Kolter | Die Deutsche Bühne online | 26.03.2022
Boris Michael Gruhl | tanznetz.de | 27.03.2022