Die wilden Schwäne
Von Thomas Brasch nach dem Märchen von Hans Christian Andersen
Hast Du Mut, mitzukommen?
Weit von hier, im Land hinter den Spiegeln, dort, wo die Schwalben hinfliegen, wenn wir Winter haben, wohnte ein König mit seinen Söhnen und seiner einzigen, wunderschönen Tochter Elisa. Er liebte seine Kinder und verwöhnte sie so sehr, dass sie von allem genug und nur das Teuerste hatten. Und mögen manche auch gesagt haben, sie hätten von alledem zu viel, so kümmerte ihn dies nicht, denn sie waren die Königskinder, sein Reich war ihre Welt und nie sollte es ihnen an irgendetwas fehlen. Doch als er nach dem Tod seiner ersten Frau ein zweites Mal heiratete, war es vorbei mit dem unbeschwerten Leben: Die böse Königin verfluchte die Brüder und schickte sie als wilde Schwäne verwandelt in die Welt hinaus. Elisa aber bekam von ihr nur Sand zu essen, denn teilen wollte die Königin ihren neuen Reichtum nicht. Und als einige Zeit ins Land gegangen und Elisa gar nicht wiederzuerkennen war, verließ auch sie das Schloss und machte sich allein auf in die weite Welt.
Auf der Suche nach ihren Brüdern streift Elisa fortan durch die dunklen und geheimnisvollen Wälder bis an den Rand des brausenden Meeres, welches das kleine Land vom Rest der Welt trennt. Am Strand trifft sie ihre Brüder wieder, die sie fortan mit sich tragen, weit weg über das Meer in eine ferne, neue Heimat, wo sie gemeinsam leben können. Hier lernt Elisa auch den Zauber kennen, der ihre Brüder zu erlösen vermag: Hemden aus Brennnesseln muss sie ihnen weben, ohne ein Wort zu sagen – nur dann erhalten sie ihre menschliche Gestalt zurück. Stumm und heimlich verrichtet sie ihre schwere und schmerzhafte Arbeit. Als sie dabei den jungen König des Landes trifft und sich dieser sogleich in sie verliebt, scheint es, als würde sie ihr Glück finden. Doch der neue Hofstaat, angeführt vom Erzbischof, ist misstrauisch und setzt alles daran, ihrem Geheimnis auf die Spur zu kommen.
Hans Christian Andersen (1805-1875) schildert Elisas Suche einmal mehr mit der ihm eigenen Poesie und jener magisch-fantasievollen Sogkraft, die seine Märchenwelten entfalten. Thomas Braschs sprachlich klare und pointiert-direkte Fassung dient Karoline Hoffmann und ihrem Team als Grundlage für die Inszenierung und lässt genug Raum für spannende und poetische Bilder – und viel spielerische Fantasie. Und während nach und nach die Zeit verstreicht, Spiel und Zauber ihre Wirkung zeigen, erzählen sie ganz nebenbei, wie aus einer verwöhnten Prinzessin ein neugieriges, offenherziges und selbstloses junges Mädchen wird.