Der Freischütz
Romantische Oper in drei Aufzügen von Carl Maria von Weber
Libretto von Friedrich Kind
Dialogfassung von Annika Haller und Wilfried Buchholz
Aufführung in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln
Wie kaum ein zweites Musiktheaterwerk darf Der Freischütz als Ausdruck deutscher Mentalität im 19. Jahrhundert gelten. Romantisches Weltempfinden und Sehnsucht nach kultureller Heimat bündeln sich darin und machen das Werk zur deutschen Nationaloper schlechthin. Gleichwohl ist die Sphäre ursprünglicher Wälder und ländlichen Lebens, die hier besungen wird, keinesfalls mit „heiler Welt“ zu verwechseln. Wird sie doch zum Schauplatz von Extremen menschlichen Seins und menschlicher Fantasie: Auf der einen Seite die Urgewalten der Wolfsschlucht, der Schauer des Abgründigen, die Entfesselung des ausgegrenzten Bösen, auf der anderen die Reinheit schlichten Glaubens an die Integrität einer sinnhaften Welt.
Für Max verengt sich sein gesamtes Leben zu einem alles entscheidenden Moment. Trifft er beim „Probeschuss“, gewinnt er Agathe und erringt den Posten, der beider Zukunft sichern kann. Schießt er daneben, verliert er alles – ein Druck, dem er nicht standhält. In seiner Verzweiflung lässt er sich auf einen dämonischen Handel ein. Kaspar weiß, ihm ungeahnte Kräfte zu verschaffen. Doch die grenzüberschreitende Erfahrung, die Max dafür auf sich nehmen muss, korrumpiert sein Inneres. Beim Probeschuss schickt er die Kugel in Richtung Ziel, der Ausgang der Prüfung aber wird auf anderer Ebene entschieden. Die entfesselten zerstörerischen Kräfte fordern zu einer Antwort im Sinn von Recht und Menschlichkeit heraus. Von ihr wird am Ende auch die Liebe von Agathe und Max abhängen.
Annika Haller, in Chemnitz bereits als Bühnenbildnerin von Tristan und Isolde und Götterdämmerung bekannt, führt nun Regie. Sie erzählt die „Nationaloper“ als Thriller. Ihre Inszenierung beleuchtet einen verborgenen Raum der Gesellschaft. Hier mischen sich kollektive Dynamiken von Dominanzstreben und Radikalisierung mit autoritären Beziehungsmustern, in denen schwerste Vergehen begangen und totgeschwiegen werden. In kurzen Augenblicken der Gewalt kulminieren die Spannungen.
Charlotte Zschiegner **
Konstantin Zschiegner **
** Kinderstatist:innen
*** Mitglieder des Opernchores
Opernchor und Extrachor der Theater Chemnitz
Chorgäste
Robert-Schumann-Philharmonie
Musiktheaterstatisterie der Theater Chemnitz
Stimmen
Töten ist nicht romantisch
Ulrike Kolter | Deutsche Bühne online | 01.05.2023